Anna Vanderbruggen
Anna Vanderbruggen ist seit 2019 Doktorandin am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), das aus der Kooperation des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) mit der TU Bergakademie Freiberg entstanden ist. Gleichzeitig arbeitet sie als Wissenschaftlerin für die ERZLABOR GmbH, einem Spin-Off des HIF. Anna Vanderbruggen studierte Verfahrensingenieurwesen an der Ecole National Supérieure de Géologie in Nancy. Anschließend absolvierte sie ihren Master als Teil des Emerald Erasmus Mundus Masterprogramms. Schon in ihrem Master fokussierte sie sich auf die Forschung über Recycling von Graphit aus Lithium-Ionen-Batterien, was bis heute der Kern ihrer Forschung ist. Ihre Forschung ist Teil des ecoLiga Großprojekts, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Wir haben Anna Vanderbruggen im Interview ein paar Fragen zu ihrer Forschung und dem, was sie antreibt, gestellt.
Interview:
An was arbeitest du gerade?
Anna Vanderbruggen: Seit 2018 arbeite ich an der Weiterentwicklung der Recyclingmethoden von Lithium-Ionen-Batterien. Dabei liegt mein Fokus auf dem Recycling des enthaltenen Graphits. Die vorhandenen Recyclingmethoden für Lithium-Ionen-Batterien fokussieren sich auf wertvolle Bestandteile wie beispielsweise Kobalt. Graphit hingegen wird nicht recycelt, obwohl auch dieses ein kritischer Rohstoff ist. Nur als Beispiel: Die Batterie eines elektrischen Autos enthält 6kg Lithium, 30kg Kobalt und 100kg Graphit. Der Graphit, um den es hier geht, ist nicht zu vergleichen mit dem Graphit in einem Bleistift. Der Graphit für die Batterien hat eine besonders hohe Qualität und ist teuer – ca. 10000€/t. Produziert wird dieser Graphit in einem energieintensiven Verfahren üblicherweise außerhalb Europas. Zurzeit stammen über 90% des Graphits aus China. Als Teil meiner Doktorarbeit entwickelte ich ein innovatives Verfahren, das direkt in den bisherigen Recyclingprozess integriert werden kann. Dieses Verfahren kann auf alle Arten von Lithium-Ionen-Batterien angewendet werden.
Was treibt dich persönlich an?
Anna Vanderbruggen: Während meiner Arbeit im Emerald Erasmus Mundus Masterprogram ist mir bewusst geworden, welche Bedeutung Rohstoffe für die Gesellschaft haben und welche Herausforderungen durch ihr begrenztes Vorhandensein entstehen. Graphit gilt zum Beispiel seit Jahren als kritischer Rohstoff in Europa und ist essentiell für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien. Die Tatsache, dass dieser Rohstoff nicht recycelt wird, hat mich angetrieben, dafür einen Prozess zu entwickeln. Ich hatte die Möglichkeit, selbst das Thema meiner Masterarbeit zu entwickeln und habe mit der Forschung an diesem neuen Verfahren begonnen. Es war spannend mein theoretisches Wissen auf etwas ganz Neues anzuwenden.
Welche Herausforderungen siehst du für dich in der nächsten Zeit?
Anna Vanderbruggen: Eine große Herausforderung für meine Arbeit stellt die sehr schnelle Weiterentwicklung der Materialzusammensetzung von Lithium-Ionen-Batterien dar.
Was würdest du dir für deine Forschung in Zukunft wünschen?
Anna Vanderbruggen: Ich würde gerne enger mit den Herstellern von Batterien zusammenarbeiten um einen vollständigen Wiederverwertungskreislauf zu entwickeln. Das Problem mit Beiprodukten ist, dass ihre Wiederverwertung bei der Entwicklung der Produkte nicht berücksichtigt wird. Oft werden auch neue Komponenten nachträglich hinzugefügt, um die Leistung zu steigern. Diese können sich jedoch negativ auf den bestehenden Recyclingprozess auswirken. Aus diesem Grund ist das Design eines Produkts essentiell für die Entwicklung eines effizienten Recyclingverfahrens und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft.
Wo siehst du deine Disziplin in 5-10 Jahren?
Anna Vanderbruggen: Vor einigen Jahren war es noch schwierig sich Gehör zu verschaffen, wenn ich über Recycling von Graphit in Lithium-Ionen-Batterien gesprochen habe. Damals lag das Interesse nur auf Kobalt und Nickel. Niemand hat den Wert von Graphit damals erkannt. Die neuen europäischen Vorgaben für Batterien verlangen einen höheren Recyclinganteil. Dadurch wird es nötig, eine größere Vielfalt an Materialien aus den Batterien zurückzugewinnen, unter anderem eben auch Graphit. Damit wird die Industrie zum Umdenken gezwungen. Ich hoffe, dass in ein paar Jahren die Industrie das Verfahren zum Recycling von Graphit aus Lithium-Ionen-Batterien anwenden wird.
In der Zukunft werden wir uns mit neuen Arten von Batterien (zum Beispiel Lithium-Schwefel-Batterien) beschäftigen müssen. Ich hoffe, dass der Recyclingprozess dieser Produkte schon bei deren Entwicklung mitgedacht wird. Wir sollten zuerst prüfen, ob das Produkt wiederverwertet werden kann, bevor wir es auf den Markt bringen!
ORCID: 0000-0003-4092-4374