Parlamentarisches Frühstück
zu den Themen: Direct Air Carbon Capture (DACCS) und Bioenergie mit Carbon Capture and Storage (BECCS)
Ende Februar dieses Jahres hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Eckpunkte für die Carbon-Management-Strategie sowie für die Langfriststrategie Negativemissionen vorgelegt. Diese beiden Strategien sollen dabei helfen, die notwendigen Rahmenbedingen für das Hochfahren von CO2-Entnahmeverfahren zu schaffen.
Um den Dialog zwischen Politik und Wissenschaft zu diesem Thema zu fördern, luden die Synthese- und Kommunikationsplattform SynCom vom Helmholtz-Forschungsbereich Erde & Umwelt und Helmholtz Energy, zu einem parlamentarischen Frühstück im Berliner Bundestag, welches gemeinsam mit CDRterra, CDRmare, DACStorE, NETs@Helmholtz und Helmholtz KLIMA ausgerichtet wurde. Die Schirmherrschaft der Veranstaltung hatte Dr. Nina Scheer, MdB und klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion inne. Moderiert wurde die Veranstaltung von SynCom-Leiterin Marie Heidenreich.
Mehr als 30 politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen kamen am 17. Mai 2024 ins Jakob-Kaiser-Haus im Deutschen Bundestag, um von Wissenschaftler:innen mehr zu den Themen CO₂-Entnahme und -Speicherung zu erfahren. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den beiden technischen CDR-Methoden Direct Air Carbon Capture, der direkten Abscheidung von CO₂ aus der Atmosphäre mit anschließender langfristiger Speicherung des Kohlenstoffs, und Bioenergie mit Carbon Capture and Storage, der Energiegewinnung aus Biomasse mit anschließender Kohlendioxidabscheidung und -speicherung.
Zentrale Kernbotschaft der Forschenden: Die Vermeidung von CO2-Emissionen ist wichtigste Voraussetzung, um das deutsche Klimaziel 2045 zu erreichen. Darüber hinaus sind CO2-Entnahmeverfahren (Carbon Dioxide Removal) nötig, zu denen BECCS und DACCS gehören. Diese sollten ausschließlich für Restemissionen angewendet werden.
In ihrem einführenden Vortrag betonte Prof. Dr. Julia Pongratz (Ludwig-Maximilians-Universität München und Sprecherin des BMBF-Forschungsprogramms CDRterra): „Um Risiken zu streuen und die Akzeptanz zu erhöhen, benötigen wir ein breites Portfolio an CDR-Maßnahmen. Denn die verschiedenen CO₂-Entnahmeverfahren haben jeweils Vor- und Nachteile, etwa hinsichtlich Permanenz der CO₂-Speicherung und Nebeneffekten. Bei der Entwicklung des Portfolios sind die teils langen Zeitskalen für eine Hochskalierung zu beachten. Diese erfordern, dass Anreizmechanismen jetzt gesetzt werden und Planbarkeit gewährleistet ist.“
Prof. Dr. Daniela Thrän vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig hob in ihrem Vortrag über Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Englisch: Bioenergy with Carbon Capture and Storage, BECCS) hervor: „BECCS kann in die Bioenergieinfrastruktur integriert werden und umgehend zur CO₂-Entnahme beitragen. Politisch notwendig sind ein Handlungsrahmen sowohl für die nachhaltige Biomassebereitstellung als auch für CCS (CO₂-Infrastruktur und Speicher, Anrechenbarkeit etc.), ein Förderprogramm für Demonstratoren und die Integration des Landnutzungssektors in den CO₂-Emissionszertifikatehandel.“
Prof. Dr. Roland Dittmeyer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Koordinator der Helmholtz Research School for Negative Emission Technologies (NETs@Helmholtz) sprach über Direct Air Capture – die Entnahme von CO2 aus der Luft mit anschließender Speicherung im Boden: Es müssten „neue DAC-Technologien entwickelt werden, die weniger Energie benötigen und Abwärme nutzen können, mit Komponenten, die kostengünstig im industriellen Maßstab hergestellt werden können.“ In dichtbesiedelten Ländern wie Deutschland sehe er Potenzial für die Integration von Direct-Air-Capture-Technologie in Lüftungsanlagen von großen Industrieanlagen und Bürokomplexen, um den Flächenverbrauch zu minimieren.
Auf die sowohl bei BECCS als auch bei DACCS nötige Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund ging Prof. Dr. Klaus Wallmann vom GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ein. Er betonte die Notwendigkeit der CO2-Speicherung für BECCS, DACCS und Industrien mit nicht oder schwer vermeidbaren Emissionen wie die Zementindustrie. Und schloss mit der Kernbotschaft: „Es muss zeitnah ein aktualisierter Rechtsrahmen für die Speicherung und den Transport von CO2 in Deutschland und den Export in Nachbarländer geschaffen werden. Da die CCS-Kosten noch deutlich höher sind als die CO2-Preise im europäischen Emissionshandel, müssen geeignete Anreizsysteme geschaffen werden, um erste CCS-Projekte in Deutschland zu ermöglichen.“
Im Anschluss an die Vorträge entwickelte sich ein reger Austausch der Bundestagsabgeordneten und Ministeriumsvertreter:innen mit den Vortragenden.