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April: Patrick Jochem (DLR)

Patrick Jochem leitet seit 2020 die Abteilung Energiesystemanalyse am Institut für vernetzte Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR-VE) und ist seit März 2024 außerplanmäßiger Professor am Institut für Industriebetriebwirtschaftslehre und Industrielle Produktion am Karlsruher Institut für Technologie (KIT-IIP). Er promovierte an der Universität Karlsruhe im Bereich Transportökonomie und habilitierte sich 2016 mit dem Thema „Electric Mobility and Energy Systems – A techno‐economic impact analysis of electric vehicles on the energy system“ am KIT. Im Interview gibt Patrick Jochem Einblicke in seine Forschung.

Interview:

Woran arbeitest du gerade?

Patrick Jochem: In der Energiesystemanalyse laufen in der beschleunigten Energiewende die Drähte heiß. Es steht für viele Entscheidungsträger einiges auf dem Spiel und das Puzzle eines kostengünstigen & nachhaltigen Energiesystems ist äußerst komplex. Fehlentscheidungen können in dieser unsicheren Umgebung schnell zu Fehlinvestitionen führen. Derzeit faszinieren mich insbesondere vier dieser Themen. Zum einen haben wir eine Datenbank aufgebaut, die den Ressourcenbedarf der für die Energiewende notwenigen Technologien abbildet. Damit können wir nun bei den klassischen Energieszenarien, die beispielsweise beziffern wie viele Windturbinen wir in Europa benötigen, auch gleichzeitig mit angeben, wie viele und welche Ressourcen hierfür benötigt werden und aus welchen Ländern diese stammen. Hier tragen wir zu einer resilienteren Transformation des Europäischen Energiesystems bei. Ein zweites Thema ist die Profitabilität von erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen, wie Photovoltaik und Wind. Wenn heute in diese Technologien investiert wird, ist die Profitabilität oft gering, da die Strompreise zu den Einspeisezeitpunkten dieser Technologien (Sonnentage oder Windphasen) heute bereits sehr gering sind und sich dies bei weiterer Zunahme dieser Technologien auch nicht ändern wird. Nur Speicher und andere Flexibilitäten haben hier das Potential, dieses Dilemma zu durchbrechen – oder eben weitere Politikmaßahmen wie ein neues Strommarktdesign. Des Weiteren entwickeln wir auch gerade ein agenten-basiertes makroökonomisches Modell, welches die Auswirkungen der Energiewende auf beispielsweise Arbeitsmärkte oder auch Zinseffekte näher analysieren soll.

Was treibt dich persönlich an?

Patrick Jochem: Einen kleinen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Insbesondere die globale Energiewende voranzutreiben, um den Klimawandel abzuschwächen.

Welche Herausforderungen siehst du für dich in der nächsten Zeit?

Patrick Jochem: Die Herausforderung in der heutigen Zeit ist immer mehr auch den Transfer hinzubekommen. Die Bevölkerung kann uns oft zu wenig wahrnehmen. Wir nutzen die neuen Kommunikationswege noch zu wenig, um diese Lücke substantiell zu schließen. Ich möchte hierzu einen Beitrag leisten, ohne die wissenschaftlichen Ambitionen zu senken.

Was würdest du dir für deine Forschung in Zukunft wünschen?

Patrick Jochem: Dass die interdisziplinäre Systemforschung mehr als eigene Wissenschaftsdisziplin wahrgenommen wird. Es ist oft befremdlich, wenn Wissenschaftler:innen aus anderen Disziplinen den Wissensstand hinter Energieszenarien nicht wertschätzen und eigene, nicht-werteneutrale sowie stark vereinfachte Gesamtlösungskonzepte für die Energiewende präsentieren und diese lautstark Entscheidungsträgern anbieten. Dies trägt dann auch dazu bei, dass wir außerhalb der Wissenschaft weniger ernst genommen werden und hierdurch alternative Fakten stärken.

Wo siehst du deine Disziplin in 5-10 Jahren?

Patrick Jochem: Ich würde mich freuen, wenn wir unsere Modelle noch etwas beschleunigen könnten, so dass wir auf Krisensituationen schneller reagieren und somit der Bevölkerung direkter nützlich sein können.

ORCID: 0000-0002-7486-4958