Torsten Methling
Torsten Methling promovierte am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und war von 2018-2019 als Postdoc an der Universität Lund. Seit 2020 unterrichtet er als Gastwissenschaftler an der Universität Stuttgart und leitet die Forschungsgruppe „Chemisch-kinetische Modellierung“. Zudem ist er Projektleiter für das Projekt NeoFuels. An diesem Projekt beteiligen sich 14 Institute an der Erforschung von Kraftstoffen von der Quelle über die Anwendung bis zur Emission und dessen Umweltwirkung. Im Interview verrät er uns wie seine Forschung aussieht und was er für die Zukunft plant.
Interview:
Woran arbeitest du gerade?
Torsten Methling: Wir entwickeln und erforschen alternative Treibstoffe / Kraftstoffe / Brennstoffe (kurz Fuels), die dringend benötigt werden, um fossile Energieträger zu ersetzen. Schließlich werden wir auch in Zukunft in vielen Bereichen nicht auf Verbrennung verzichten können.
Bei uns in der Forschungsgruppe werden sehr genaue, kompakte chemisch-kinetische Reaktionsmodelle entwickelt, um die chemischen Vorgänge numerisch erfassen und besser verstehen zu können. Die Modelle selbst werden auch von unseren Kolleginnen und Kollegen dringend benötigt, um effizient und effektiv die Zuverlässigkeit, Sicherheit und Emissionen neuer und synthetischer Fuels für technische Anwendungen vorhersagen und optimieren zu können.
Gleichzeitig entwickeln wir vereinfachte Methoden und numerische Werkzeuge mit den chemisch-kinetischen Reaktionsmodellen zur technischen Bewertung. Diese Werkzeuge helfen, vielversprechende alternative Fuels schon vor z. B. teuren, komplexen Experimenten und Simulation zu identifizieren und vorauszuwählen. Mit unserer Arbeit wollen wir unser zukünftiges Energiesystem mitgestalten und unsere globalen Klimaziele erreichen.
Was treibt dich persönlich an?
Torsten Methling: Bei der Bewältigung unserer globalen Herausforderungen wie z. B. die offensichtliche Klimakrise, will ich weniger Teil des Problems, sondern mehr Teil der Lösung sein. Wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind bei der Lösung natürlich nur kleine Zahnräder im System, aber ohne diese würde sich natürlich Nichts voran bewegen. Dabei treibt mich persönlich in der Wissenschaft voran mit Kolleginnen und Kollegen komplexe Probleme zu erkennen, zu diskutieren und zu verstehen. Die Wissenschaft bietet mir die tolle Möglichkeit während der Arbeit immer Neues zu entdecken und erlernen. Gleichzeitig können wir neue, spannende Lösungen finden, mit der Chance gemeinsam über den eigenen Tellerrand hinaus schauen zu können und mit Freude der Kreativität beim um die Ecke Denken freien Lauf zu lassen.
Welche Herausforderungen siehst du für dich in der nächsten Zeit?
Torsten Methling: Global stehen wir vor der enormen Herausforderung der Bewältigung der globalen Klimakrise, um für unsere und zukünftige Generationen eine lebenswerte Welt zu erhalten. Insbesondere in unserem Forschungsbereich stehen wir hier in der Verantwortung und Pflicht die Umsetzung der Energiewende mitzugestalten und wissenschaftlich zu unterstützen.
In unserer täglichen wissenschaftlichen Arbeit stehen wir, wie in allen Forschungsbereichen vor der Herausforderung unsere traditionellen Forschungsthemen mit neuen Feldern zu erweitern. Beispielsweise implementieren wir für die effiziente Entwicklungsarbeit in der klassischen chemischen Kinetik unabdingbare Methoden aus Computer Science, Software Engineering und Data Science. Im Grunde ist das für unsere Gruppe wie ein zusätzliches spannendes Universitätsstudium on the Top.
Was würdest du dir für deine Forschung in Zukunft wünschen?
Torsten Methling: Ich denke, für jeden Forschungsbereich ist das wichtigste, begeisterte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen, die verschiedenste Themen voller Motivation bewältigen. Wenn dann die Förderungsbedingungen und Kreativräume rund herum stimmen, kommen die exzellenten Forschungsergebnisse von ganz alleine. Da sind meine Kolleginnen, Kollegen und ich in unserem Gebiet auch in der Verantwortung, schon in der Lehre Studierenden von unserer Forschung zu faszinieren. Beispielsweise müssen wir demonstrieren, dass die Themen der Verbrennung und der nachhaltigen Fuels bei Weitem nicht so fossil sind, wie die Energieträger, die heutzutage noch in viel zu großen Mengen verbrannt werden. Schließlich müssen wir und zukünftige Forschende dazu beitragen, dass unser Energiesystem mit nachhaltigen Fuels nicht mehr nur mit wenigen Prozentanteilen, sondern mit einem Hauptanteil befeuert wird.
Wo siehst du deine Disziplin in 5-10 Jahren?
Torsten Methling: Unsere Kolleginnen und Kollegen in der Verbrennungsmodellierung und -simulation erzielen heutzutage tolle Ergebnisse zur Verbesserung unserer Energiewandlungsmaschinen und Energiesysteme. Dabei kratzen wir aktuell in der Verbrennungssimulation eigentlich nur sehr oberflächlich an der realen Abbildung der hoch komplexen, turbulenten, reaktiven Verbrennungsprozesse. Das heißt nicht, dass wir es nicht besser können, sondern dass wir momentan an Grenzen unserer Rechenkapazitäten stoßen. Ich denke, da wird sich in 10 Jahren vieles ändern. Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, aber eventuell gibt es dann sogar schon zugängliche Quantencomputer. Diese Technologien ermöglichen ganz andere Rechenansätze und werden viele Forschungsgebiete revolutionieren. Diese heutzutage noch unvorstellbaren Rechenleistungen werden neue Möglichkeiten eröffnen, um z. B. Fuel-Herstellung, -Zusammensetzung und die dazugehörigen Verbrennungsmaschinen gleichzeitig zu Ko-Optimieren. Und genau so ein Ansatz ist unabdinglich, um selbst in der unersetzlichen Verbrennung eine neutrale CO2-Bilanz bei keinen oder minimalen Schadstoffemissionen zu erzielen.
ORCID: 0000-0003-4988-2334