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Daten-getriebene Analyse des Energiesystems

Das neue Energiesystem bringt eine neue Komplexität mit sich: Statt weniger großer, zentraler Kraftwerke wird es tausende kleiner, dezentraler, meist wetterabhängiger Anlagen zur erneuerbaren Energieerzeugung geben. Zudem werden neue Sektoren wie Wärme und Mobilität, die bisher zu einem großen Teil auf fossilen Energieträgern basierten, weitgehend mit Strom betrieben. Diese Entwicklung ebnet den Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem, erfordert aber eine stärkere Koordination zwischen Energieerzeugung und -nutzung.

Um diese zunehmende Komplexität zu beherrschen und die Transformation des Energiesystems effizient zu gestalten, werden digitale Lösungen benötigt: Intelligente Messsysteme, Kommunikationstechnologien, Datenbanken, Datenräume und Datenanalyse, künstliche Intelligenz sowie Cybersicherheit.

Die Forschungsgruppe DRACOS von Benjamin Schäfer am KIT erforscht komplexe Energiesysteme auf der Basis von umfangreichen Daten (Big Data). Im Mittelpunkt der Forschung steht die Entwicklung von neuen transparenten KI-Modellen, die im Gegensatz zu so genannten Blackbox-Modellen nicht nur das Ergebnis zeigen, sondern auch erklären, welche Faktoren das Ergebnis beeinflussen. Benjamin Schäfer beschreibt im folgenden Steckbrief seine Forschung.

Was wird erforscht?

Wir erforschen komplexe Energiesysteme, vom Stromnetz über einzelne Anlagen für erneuerbare Energien hin zu einzelnen Gebäuden. Komplementär zu modell-basierter Forschung widmen wir uns den immer umfangreicheren Daten des Energiesystems: Vom Smart Meter im Haushalt bis hin zu Daten über Strompreise auf den europäischen Märkten. Dabei nutzen wir öffentlich zugängliche Daten, Daten der Industrie und selbst aufgezeichnete Daten, z.B. von unserem Forschungscampus oder von Messeinrichtungen, die wir unter anderem in Mallorca, Südafrika oder Korea installiert haben.

Wie wird es erforscht?

Wir nutzen das ganze Portfolio von „Data Science“ und „Künstlicher Intelligenz“ (KI), kombiniert mit Domänenwissen und existierenden Modellen. Konkret heißt das, dass wir uns die Häufigkeitsverteilungen von Daten anschauen, um abschätzen zu können wie oft Extremereignisse (große Abweichungen vom stabilen Zustand, Extremwetter…) auftreten. Gleichzeitig erstellen wir Modelle des maschinellen Lernens, z.B. um Vorhersagen zu erstellen: Wie wird sich der Stromverbrauch eines Hauses in der nächsten Stunden entwickeln? Aber auch: Wie wird sich die Netzfrequenz, ein Indikator für die Balance im groß-skaligen Stromnetz, in den nächsten Minuten und Stunden verhalten?

Ein wichtiger Baustein ist hierbei die „erklärbare künstliche Intelligenz“: Damit machen wir intransparente Black Boxen durchsichtig und erklärbar. Viele komplexe KI-Werkzeuge, wie das Deep Learning, zeigen uns nur das Ergebnis, aber nicht wie sie zu diesem Ergebnis kamen. Mit erklärbarer KI erfahren wir, welche Eingangsdaten wie die Vorhersagen beeinflusst haben. Wir vergleichen dann unsere Erklärungen und Daten-basierten Vorhersagen mit klassischen Modell-basierten Ansätzen und untersuchen, wo sich die beiden Ansätze unterscheiden. Damit wollen wir die Modell-basierten Ansätze zu verbessern.

Was ist das Ziel des Projektes?

Unser übergeordnetes Ziel ist es das Energiesystem mit Daten besser zu beschreiben und besser verständlich zu machen. Dafür arbeiten wir einerseits daran passende KI-Methoden für das Energie-System zu entwickeln und diese durch erklärbare Intelligenz transparent zu machen. Denn nur so werden sie auch in der Praxis Anwendung finden. Andererseits versuchen wir mit dem Wechselspiel von Daten- und Modell-basierten Ansätzen auch die Modell-basierten Ansätze zu verbessern.

Was ist der Nutzen für die Gesellschaft?

Wir brauchen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft ein funktionierendes, verlässliches und kostengünstiges Energiesystem. Mit unserer Arbeit unterstützen wir dies auf verschiedene Weise:

Bessere Vorhersagemodelle machen es einfacher Stromverbrauch und –erzeugung aufeinander abzustimmen, sodass es weniger Engpässe gibt und weniger teure Reserven, wie Gaskraftwerke, aktiviert werden müssen. Solche Vorhersagen werden aber von den Betreibern nicht als „Black Box“, sondern nur als transparente Lösung akzeptiert.

Auch auf der Verbraucher-Ebene sind KI-Modelle und Erklärungen wichtig: Wenn wir z.B. das Ladeverhalten von Batterien (im Haushalt oder im Elektroauto) optimieren, dann erhöht sich die Akzeptanz, wenn wir gleichzeitig eine Erklärung mitliefern warum ein bestimmtes Verhalten genutzt wird.