Stephan Hilpmann (HZDR)
Stephan Hilpmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), wo er seit 2019 am Institut für Ressourcenökologie forscht. Nach seinem Studium der Chemie an der Technischen Universität Dresden, das er mit einem Bachelor (2016), Master (2018) und schließlich einer Promotion (2023) abschloss, widmet sich Hilpmann der Erforschung mikrobieller Prozesse im Kontext der Endlagerung radioaktiver Abfälle.
Im Zentrum seiner Arbeit steht die Interaktion des anaeroben, sulfatreduzierenden Bakteriums "Desulfosporosinus hippei" mit Uran sowie mit Europium, das als Analogon für weitere radioaktive Elemente genutzt wird. Besonders bemerkenswert ist seine Entdeckung von Uran(V) als Zwischenprodukt der mikrobiellen Reduktion, die er mithilfe von Synchrotron-Röntgenspektroskopie nachweisen konnte. Diese Erkenntnis trägt wesentlich zum Verständnis biogeochemischer Prozesse in potenziellen Endlagerumgebungen bei und unterstützt die Entwicklung sicherer Konzepte für die Langzeitlagerung radioaktiver Stoffe.
Für seine herausragende Dissertation wurde Stephan Hilpmann 2024 mit dem Promotionspreis der Helmholtz-Gemeinschaft im Forschungsbereich Energie ausgezeichnet. Im Interview haben wir mit ihm über seine Arbeit und seine Motivation gesprochen.
Interview:
Woran arbeitest du gerade?
Stephan Hilpmann: Die sichere Endlagerung wärmeentwickelnder hochradioaktiver Abfälle gehört zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. An unserem Institut erforschen wir relevante physikalische, chemische und biologische Prozesse, die in einem Endlager ablaufen können. Damit generieren wir wichtige Erkenntnisse für eine möglichst umfassende und verlässliche Sicherheitsbewertung von Endlagersystemen.
Zurzeit beschäftige ich mich mit der Frage, wie sich bestimmte radioaktive Elemente und deren Analoga (insbesondere dreiwertige Lanthanide und Actinide) an Mineraloberflächen verhalten. Solche Vorgänge wären zum Beispiel in einem Worst-Case-Szenario, das heißt bei einem Wassereinbruch in das Endlager, von Bedeutung. Wir untersuchen, wie stark die verschiedenen Gesteinsarten diese Stoffe zurückhalten können und welche Faktoren diesen Prozess beeinflussen.
Während meiner Promotion habe ich mich zuvor mit dem Einfluss der mikrobiellen Aktivität auf die Migration von Radionukliden beschäftigt. Mikroorganismen kommen natürlich auch in tiefen Gesteinsschichten vor und können die Verbreitung von Radionukliden im Untergrund beeinflussen.
Besonders spannend finde ich, dass ich an unserem Institut sowohl biogeochemische als auch geochemische Fragestellungen untersuchen kann. So bekomme ich einen ganzheitlichen Blick darauf, welche Prozesse in einem Endlager ablaufen könnten und wie sie die Sicherheit beeinflussen.
Was treibt dich persönlich an?
Stephan Hilpmann: Ich fand es schon immer faszinierend, dass der Beruf des Forschenden es ermöglicht, neues Wissen zu schaffen. Genau dieses neue Wissen ist auch für die Endlagerforschung von größter Bedeutung. Viele Menschen in Deutschland interessieren sich sehr für dieses Thema, da schließlich jeder vor den Gefahren radioaktiver Abfälle geschützt werden möchte. Einen Beitrag dazu leisten zu können, motiviert mich ganz besonders.
Darüber hinaus bereichert mich die Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftler:innen, Doktorand:innen und Postdocs sehr. Dieser Austausch bringt neue Denkanstöße, von denen meine eigene Forschung enorm profitiert. Auf die Arbeit in einem internationalen Team möchte ich deshalb nicht mehr verzichten. Sie ist für mich fachlich wie persönlich eine große Bereicherung.
Welche Herausforderungen siehst du für dich in der nächsten Zeit?
Stephan Hilpmann: Da ich noch am Anfang meiner wissenschaftlichen Laufbahn stehe, besteht meine größte Herausforderung in der nächsten Zeit darin, meinen Platz in der Wissenschaftswelt zu finden. Dazu gehören die Weiterentwicklung meines wissenschaftlichen Profils, der Erwerb neuer, auch internationaler, Forschungserfahrungen sowie die Suche nach geeigneten Fördermöglichkeiten. Ich plane, mich auf verschiedene Grants und Fellowships zu bewerben, die mir diese Schritte ermöglichen sollen. Um dies neben meiner aktuellen Forschung zu bewältigen, ist ein effizientes Zeit- und Ressourcenmanagement entscheidend.
Was würdest du dir für deine Forschung in Zukunft wünschen?
Stephan Hilpmann: Ich würde mir für meine Forschung wünschen, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse, die wir auf dem Gebiet der Endlagerforschung gewinnen, aktiv in die politische Entscheidungsfindung einfließen, damit ein wissenschaftsbasiertes Standortauswahlverfahren möglich wird. Nur so können wir den sichersten Standort für hochradioaktiven Abfall ermitteln. Generell wünsche ich mir dabei ein breites gesellschaftliches Vertrauen in diesen Prozess, aber auch in die Wissenschaft allgemein. Besonders bei der Endlagerforschung halte ich einen starken interdisziplinären Ansatz für entscheidend, der in Zukunft noch weiter ausgebaut werden sollte, um diese wichtigen Fragen fundiert beantworten zu können. Darüber hinaus hoffe ich, dass ich meine wissenschaftliche Laufbahn langfristig fortsetzen und weiter zu diesem wichtigen Forschungsfeld beitragen kann. Mein Ziel ist es, mir Schritt für Schritt einen festen Platz in der Wissenschaftswelt zu erarbeiten.
Wo siehst du deine Disziplin in 5-10 Jahren?
Stephan Hilpmann: In fünf bis zehn Jahren sehe ich meine Forschung auf dem Gebiet der Endlagersuche so, dass wir ein viel tieferes Verständnis für die Prozesse entwickelt haben, die im Untergrund in potentiellen Endlagersystemen stattfinden können. Mein Ziel ist es, dass unsere Ergebnisse bis dahin fest in die Sicherheitsanalysen einfließen und so eine wichtige Grundlage für die Standortauswahl in Deutschland und auch international bilden. Ein wichtiger Schritt dabei wird die Erstellung und Erweiterung umfassender Datenbanken sein, in die die Forschungsergebnisse systematisch einfließen und auf deren Grundlage wissenschaftsbasierte Entscheidungen getroffen werden können. Ich wünsche mir, dass meine Arbeit dazu beiträgt, Unsicherheiten weiter zu verringern und das Vertrauen der Gesellschaft in den Standortauswahlprozess zu stärken.
ORCID: 0000-0001-7906-6851